Der Asperger Blog
Mein Leben im Autismus Spektrum

Liebe zur Musik


Heute möchte ich mich gerne dem Thema widmen, wie Musik mein Leben beeinflusst. Wie ich sie früher gehört habe und dann durch Stimmtraining dazu gekommen bin selber zu singen und mit jemandem Musik zu machen, der mir sehr wichtig ist.

Meine Liebe zur Musik hat eine lange Geschichte. Früher hat mir verschiedenste Musik in meinem Leben geholfen, meinen Lebensweg zu bestreiten. Einer bestimmten Musikrichtung habe ich mich dabei nie zugehörig gefühlt. Vielmehr war es so, dass die Musik etwas in mir berühren musste um mir zu gefallen. Mal war das Rock, mal Klassik, Alternative oder purer Gesang, mein Musikgeschmack ist breit gefächert und wird wohl nie einem Genre verschrieben sein.

Vom Sprechen zum Schweigen

Früher war ich ein offenes Kind. Ich habe viel mit anderen Menschen gesprochen und geschrieben, war für sie da, wollte ihr Leben und sie kennenlernen. Damals war es sehr unbeschwert, meine Ehrlichkeit und Direktheit wurden noch dankend angenommen.

Mit der Zeit und dem Älter werden hatte sich das jedoch zunehmend geändert. Während um mich herum die Menschen langsam lernten ihr „wahres ich“ zu verstecken und Masken für sich zu finden, blieb ich zunächst offen und ehrlich. Auch weil eine Maske einfach nicht zu dem passt, wie ich war und immer noch bin.

Dadurch, dass ich diese Veränderung nicht mit machte, wurde meine Offenheit und Direktheit immer weniger akzeptiert. Und bald darauf sogar mit Ablehnung bestraft. Dies wurde mir so sehr zum Vorwurf gemacht, dass ich immer weniger sprach und meine Gedanken immer mehr bei mir behielt.

Ich wurde immer stiller. Bis ich irgendwann praktisch verstummte.
Das war nicht mein Wunsch, ich habe mir immer Kontakt und Gespräche mit anderen Menschen gewünscht und dies lange Zeit sehr vermisst.
Jedoch verletzte mich die dauernde Ablehnung und der Vorwurf „falsch“ zu kommunizieren so sehr, dass ich es vorzog still und alleine zu sein.

Und wieder zurück…

All diese Erkenntnisse bezüglich dieser Entwicklungen kamen jedoch erst nach meiner Diagnose in mein Bewusstsein. Davor wusste ich ja nicht, was genau mich von anderen unterschied.
Als ich es reflektiert hatte, wollte ich es wieder ändern und die richtigen Menschen finden, die in der Art wie ich wirklich bin zu mir passen. Und mit ihnen reden, dass tun, was ich so lange und schmerzlich vermisst hatte.

Dann lerne ich über meine Therapeutin Christoph, den Geschäftsführer des PEM Centers kennen. Kurz danach traf ich mich mit ihm im PEM Center.
Am Anfang haben wir mehrere Tage stundenlang nur geredet. Die Menschen um uns herum hat das nicht gestört, sie haben auf meine offene und direkte Art nicht ablehnend oder sonstwie negativ reagiert.
Im Gegenteil, dort habe ich einen Ort und Menschen gefunden, wo ich mich immer weiter öffnen konnte, auch wenn meine Stimme es nicht mehr gewohnt war so oft benutzt zu werden.

Aus diesen Gesprächen und dem Erleben der Menschen im Center und ihrer Reaktionen auf mich, entwickelte sich der Wunsch Stimmtraining im Center zu machen.

So lernte ich Kristina kennen, wer mein Buch kennt hat vielleicht schon ihr Kapitel gelesen. In den ersten Coachings war mein Ziel wieder besser sprechen zu lernen. Nicht mehr undeutlich oder nuschelig zu sprechen, sondern zu lernen meine Stimme wieder normal zu benutzen.
Durch die Logik des Trainings und den stets passenden und versträndlichen Erklärungen von Kristina gelang es mir mit viel Übung diesem Ziel stetig näher zu kommen.

Erste Schritte in Richtung Gesang

Im Training mit Kristina machte ich so gewaltige Fortschritte die weit über meine Ziele hinausgingen.
Dadurch konnte ich meine ersten Vorträge mit großer Sicherheit halten.
Von dort ging es weiter als mein Buch veröffentlicht wurde und wir auf meinen Wunsch eine Lesung inszenierten. Durch zusätzlichen Phonetikunterricht und das anwenden der PEM Methode wurden die Erinnerungen meines Buches lebendig.

Es war kein pures Vorlesen mehr, wie man es aus der Schule kennt, sondern ein Erlebnis, dass mich und die Zuschauer der Lesung berührt hat, sie an meinen Erfahrungen teilnehmen und sie mitfühlen ließ.
Für die Lesung und meine Art des Vorlesens bekam ich Feedback, was so überwältigend war, dass ich es mir nie hätte vorstellen können. Gleichzeitig war die Lust am Arbeiten mit der Stimme und den Emotionen in mir geweckt. Beides führte dazu, dass wir die Lesung noch oft wiederholten und ich auch außerhalb an Universitäten und auf Kongressen las.

Dies war der Weg, der mich schließlich zum Singen und zur Musik führte.
Zu sehen und vor allem zu erleben, was ich mit meiner Stimme und wie ich sie nutze bei anderen auslösen kann ist unglaublich schön. Und widerspricht nebenbei allem was andere Menschen über Autisten zu wissen glauben und was ich selbst jemals für möglich gehalten hätte.

Da Kristina mittlerweile nicht nur meine Trainerin sondern eine sehr wichtige Person in meinem Leben geworden ist, sprach ich mit ihr darüber, ob ich noch tiefer in das Thema einsteigen könnte und wie sie es einschätzen würde.
Nachdem Sie mich darin bestärkt und ermutigt hatte, fingen wir an in unserem Training in Richtung Gesang und Musik zu arbeiten.

Meine Liebe zur Musik

Musik zu hören und manchmal mit zu singen ist etwas komplett anderes als Musik selbst und mit jemandem zusammen zu machen.
An das Musik machen mit Kristina bin ich sehr offen herangegangen.
Daher, dass es für mich zuvor nie ein Thema war, hatte ich keine Erwartungen oder kein festes Bild wie ein Sänger sein sollte, im Kopf.

Das führt dazu, dass ich mich sehr auf das Training einlassen kann und wir sehr rasante Fortschritte machen.
Mittlerweile habe ich es selbst erlebt, wie es ist mit jemandem zusammen Musik zu machen wo ein gemeinsamer Weg beschritten werden kann.
Mit der Perdekampschen Emotions Methode und jemanden von dem ich gerne lerne ist es eine sehr tiefe und kaum in Worte zu fassende Erfahrung.

Ich dachte früher immer, dass Eine(r) singt und entsprechend instrumental begleitet wird. Jedoch ist es hier anders und fühlt sich viel tiefer an.
Die musikalischen Elemente harmonieren miteinander und zusammen erschaffen sie etwas sehr intensives was man dann mit anderen Menschen teilen kann.

Ich werde in jedem Fall weiter trainieren und irgendwann sicher auch etwas davon aufführen. Das ist ein spannender Weg und für mich eine neu entdeckte Liebe, weil es so erfüllend ist. Es macht mich sehr glücklich und euphorisch zu gleich und ich bin sehr gespannt, wo diese Reise noch hinführen wird.

Wer weiß, vielleicht begegnen mir ja noch mehr Menschen, die Musik für sich entdecken wollen.

Aaron

Aaron

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